Sonja stellte im Juni 2023 vor:
Christoph Hein
Gegenlauschangriff: Anekdoten aus dem letzten deutsch-deutschen Krieges
Erschienen 2019 bei Suhrkamp

Klappentext
Christoph Hein, der bislang vorrangig die Geschichten anderer erzählt hat, erzählt nun, zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag, von seinen persönlichen Erlebnissen: davon, wie der Vater eines Freundes namens Thomas Brasch diesen verraten hat. Von einem Regisseur, der „das Leben der anderen“ verfilmt hat und dabei von Hein mehr über dieses Leben erfahren wollte. Von Zensur und Reise(un)freiheit, und schließlich davon, wie all das Geschichte wurde. Hein nimmt die deutsch-deutschen Verhältnisse dieses Mal anders in den Blick: anhand persönlicher Erlebnisse, die mal komisch sind, mal bitter, und manchmal beides zugleich.
Rezensionen
Zwei kleine Bücher legt Christoph Hein gleichzeitig vor, zum einen den „Gegenlauschangriff“, zum zweiten die Übersetzung von Philipp Lyonel Russells Roman „Am Ende ein Blick aufs Meer“. Um beide ranken sich einige Anekdoten, die mal weniger, mal mehr erfreulich sind, schreibt Rezensent Lothar Müller. Während bei dem Roman bisher noch kein Original und nur die Übersetzung Heins vorliegt (dazu mehr in der Notiz zu dem Roman), geht es im „Gegenlauschangriff“ um einige Episoden, bei denen zuzugeben ist, dass Christoph Heins Gedächtnis eine nicht immer vorteilhafte Rolle spielt: Nein, soviel hat sich inzwischen herausgestellt, Christoph Heins Leben war nicht die Vorlage für Florian Henckel von Donnersmarcks Film „Das Leben der Anderen“. Hein war da einem Missverständnis aufgesessen, das in diesem Band dokumentiert ist. Und dann gab’s noch einen misslichen Streit mit dem Spiegel, um den es in dem Band auch geht. Müller sagt sonst nicht viel Bewertendes über die hier vorliegenden Texte.
Süddeutsche Zeitung 3.4.2019
Dass die Staatszensur den Schriftstellern des Ostens eine Bedeutung gegeben hatte, die ihnen der alles in Geld zählende Kapitalismus nach der politischen Wende verweigert hat, war ein früher Gedanke von Boris Groys. Rezensent Adam Soboczynski rekapituliert diesen Zusammenhang und stellt Christoph Hein und sein „wunderbar lakonisches Buch“ in genau diesen Kontext. Er lobt die 28 Anekdoten als wichtigen Beitrag zum Thema der allesumfassenden Bedeutung von Sprache im Realsozialismus, aus dem sich neues lernen lasse. Einige Beispiele werden von ihm zitiert, u.a. die, wie sich Grenzsoldaten gegenüber Hein nach einer Lesung über die Sinnlosigkeit ihres Dienstes erklärten. Gefühlig wird Hein aber nie, er hält immer eine „fast dokumentarische Distanz zu sich selbst“ ein, versichert der Rezensent. Und auch den Verlust des Heldischen für Schriftsteller im neuen Staat beklagt Hein an keiner Stelle, lobt Soboczynski.
Die Zeit 21.3.2019
Über den Autor
Christoph Hein, geboren 1944 in Heinzendorf/Schlesien, aufgewachsen in Düben/Sachsen, konnte als Pfarrerssohn in der DDR das Abitur nicht ablegen. Er besuchte deshalb – vor dem Mauerbau – ein Gymnasium in Berlin (West). Nach dem Mauerbau arbeitete er in verschiedenen Berufen und studierte schließlich in Leipzig und Berlin Philosophie. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor an der Volksbühne Berlin. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle „Der fremde Freund / Drachenblut“. Hein hat zahlreiche Romane, Novellen, Erzählungen, Theaterstücke und Essays veröffentlicht und ist mit renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet worden.
Quelle:
perlentaucher.de